Titelbild: Trionfi/Szene aus Carmina Burana
PhotoCredits: Brinkhoff/Mögenburg
Carl Orffs szenische Kantaten Catulli Carmina, Trionfo di Aphrodite und Carmina Burana, Orff bekanntestes Werk eröffneten unter dem Titel Trionfi, die neue Spielzeit der Staatsoper Hamburg. Für die Regie von Calixto Bieito und Team, gab es, die leider zu (fast) jeder Premiere hier gehörenden Buhrufe beim ersten Regie-Vorhang, aber auch viel Applaus und Bravorufe. Einhellige Begeisterung hingegen herrschte für die Leistung aller Sänger*innen, von Komponisten, wie Regisseur über die Maßen gefordert. Belohnt wurden die Solisten und Chöre zu Recht mit lautstarken . “Bravi“
Faszinierend, ohne „einfach so“ zu gefallen
Schnell schwirrte mir der Kopf vor lauter musikalischer und optischer Eindrücke, sodass mir auch jetzt noch die Worte fehlen, um sie adäquat wiederzugeben. Mit intensiver Personenführung und viel – zu viel? – Liebe zu Charakter gebenden und anderen Details interpretiert Bieito auf seine bekannte auch exzessive Weise die Melodien Orffs und die Worte Catulls, Sapphos, Euripides und althochdeutsche Lieder und dramatischer Texte. So hält uns Bieito in modern schlichtem Bühnenbild (Rebecca Ringst) und ebenfalls modernen Kostümen (Anja Rabes) mithilfe der Videos von Sarah Derendinger und der Lichtregie von Michael Bauer eine Art gesellschaftlichen Spiegel vor. Denn körperliche Begierde, Völlerei, Spielsucht und Ähnliches werden nie altern, uns immer beherrschen. So wird der geschlechtliche Akt, samt seiner (Macht)Spielchen simuliert, sich in Mengen von Traubensaft (?) gesuhlt und und und… Dem Publikum, das entdecken und verstehen will , wird ähnlich viel Konzentration, Mut etwas unangenehm berührendes zuzulassen und wohlwollende Aufmerksamkeit abverlangt, wie Können auf vielen Ebenen von den Darsteller*innen.
In Carmina Burana geht der Kelch der hohen Leistungsansprüche auch an Sandra Hamaoui nicht vorbei. Rücklings von einem Tisch hängend, nur leicht von Quattlebaums Arm gestützt, lässt sie ihren Sopran lieblich, ohne süßlich zu wirken, erklingen und zieht auch in anderen Szenen mit schönen, klaren Tönen in ihren Bann. Jake Arditti, der mit der ungewöhnlichen Stimmlage Countertenor von sich reden macht, besticht besonders ebenfalls in Carmina Burana als gebratener Schwan, es ist faszinierend wie er stimmlich und darstellerisch, die Leiden des armen Vogels deutlich macht.
Faszination Oratoriumsmusik
Alle vier Chöre: Chor der Hamburgischen Staatsoper, Chor der Liatoshynski Capella, Kyiv, Ukraine, Hamburger Knabenchor und die Alsterspatzen – Kinder- und Jugendchor der Hamburgischen Staatsoper tragen ebenso zu der Attraktion und Faszination der Orffschen Musik bei, wie das Philharmonische Staatsorchester Hamburg unter der Leitung von GMD Kent Nagano.
Fazit: Der Text wurde länger als ich befürchtete, und doch zu kurz um auch nur annähernd auszudrücken, was an Anregungen geboten wird. Doch schon die „ganzheitlichen“ Leistungen der Sänger*innen und mein Wille, immer alles verstehen zu wollen, lassen mich einen zweiten, dann vielleicht durch meine Worte auch Sie erhellenden Besuch in Erwägung ziehen. Vielleicht steckt Achtung vor den Künstler*innen und meine Neugier ja auch Sie an…
Birgit Kleinfeld, Vorstellungsbesucb 21.09.2024